
22.12.2025 ● AZV
Frauen in der Führungsposition: Warum der Wandel stockt
Trotz jahrelanger Debatten, Förderprogramme und klarer Zielvorgaben sind Frauen in Führungspositionen weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Das zeigt auch der Global Gender Gap Report 2025 des Weltwirtschaftsforums. Die Studie nimmt unter anderem den Anteil weiblicher Führungskräfte weltweit unter die Lupe – mit ernüchterndem Ergebnis: Frauen besetzen global nicht einmal ein Drittel der Spitzenpositionen im Top-Management.
Besonders deutlich wird das Ungleichgewicht in sogenannten MINT-Berufen. In diesen Bereichen entfällt nur ein sehr kleiner Teil der obersten Führungsrollen auf Frauen. Von echter Chancengleichheit kann hier kaum die Rede sein.
Deutschland im europäischen Vergleich
Auch hierzulande zeigt sich ein ähnliches Bild. Zwar ist der Frauenanteil in Führungspositionen in den vergangenen Jahren gestiegen, doch liegt er weiterhin deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Aktuell liegt der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland bei rund 29 Prozent – laut Daten des Statistischen Bundesamts. Damit bleibt Deutschland deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Diese Zahlen machen deutlich: Trotz steigender Sensibilität für Gleichberechtigung und gesetzlicher Vorgaben ist die sogenannte Gender Gap in der Führungsebene weiterhin fest verankert. Die entscheidende Frage lautet daher: Warum kommen Frauen so selten bis an die Unternehmensspitze – und was braucht es für nachhaltige Veränderung?
Arbeitswelt im Wandel – neue Chancen, alte Hürden
Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Technologischer Fortschritt, insbesondere durch künstliche Intelligenz, verändert nicht nur Prozesse, sondern auch Anforderungen an Führungskräfte. Gefragt sind heute zunehmend Menschen, die flexibel agieren, interdisziplinär denken und mit Veränderungen umgehen können. Auch klassische, geradlinige Karrierewege verlieren an Bedeutung.
Studien zeigen, dass Frauen diese Fähigkeiten überdurchschnittlich häufig mitbringen – in Deutschland sogar stärker als im internationalen Vergleich. Hinzu kommen moderne Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten, die vielen Beschäftigten mehr Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.
Rein theoretisch müssten diese Entwicklungen Frauen den Weg in Führungspositionen erleichtern. In der Praxis zeigt sich jedoch: Der strukturelle Wandel allein reicht nicht aus.
Strukturelle Ursachen statt individueller Defizite
Die Gründe für die geringe Zahl weiblicher Führungskräfte liegen tief in gesellschaftlichen und unternehmerischen Strukturen. Jahrzehntelange Benachteiligung hat nicht nur Organisationen geprägt, sondern auch Selbstbilder. Viele Frauen zweifeln trotz fachlicher Eignung an ihrer Führungsfähigkeit oder bewerben sich gar nicht erst auf leitende Positionen.
Einzelne Fördermaßnahmen sind ein wichtiger Schritt, stoßen jedoch in traditionell männlich geprägten Unternehmenskulturen häufig an Grenzen. Solange unausgesprochene Vorbehalte bestehen und Führung nach alten Mustern gedacht wird, bleiben Veränderungen punktuell statt nachhaltig.
Echte Gleichstellung erfordert daher ein bewusstes Hinterfragen bestehender Strukturen – und das Engagement des gesamten Unternehmens.
Was Unternehmen konkret tun können
Um mehr Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen, können Arbeitgebende gezielt an mehreren Stellschrauben drehen:
Karrierewege transparent gestalten
Klare Anforderungen, nachvollziehbare Entwicklungsmöglichkeiten und offene Kommunikation machen Aufstiegschancen sichtbarer. Gerade bei qualifizierten Mitarbeitenden kann ein gezielter Hinweis auf Führungspotenzial entscheidend sein.
Bewusstsein im Unternehmen stärken
Aufklärung über bestehende Ungleichheiten und regelmäßiger Austausch fördern eine offene, reflektierte Unternehmenskultur. Awareness ist die Grundlage für Veränderung.
Führung neu definieren
Erfolgreiche Führung besteht nicht nur aus Fachwissen. Soziale Kompetenz, strategisches Denken und Kommunikationsstärke sollten stärker berücksichtigt werden – unabhängig vom Geschlecht.
Fazit: Gleichstellung braucht strukturellen Wandel
Die Zahlen zeigen klar: Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert – nicht aus Mangel an Qualifikation, sondern aufgrund historisch gewachsener Strukturen. Unternehmen, die Vielfalt ernst nehmen und Führung neu denken, haben die Chance, dieses Ungleichgewicht langfristig zu verändern – und profitieren dabei selbst von vielfältigeren Perspektiven und moderner Führungskultur.


